Der Gottesdienst
↓ Geschichte der Kanzelliturgie
↓ Der Kanzelgruß / Kanzelgebet
↓ Das Predigtschlussgebet
↓ Der Kanzelsegen
Schon früh (vor der Wende zum zweiten Jahrtausend) begann sich eine „Predigtliturgie“ herauszubilden. Dabei umrahmte der Liturg die Predigt mit vielen Stücken, wie Gruß, Textverlesung in lateinischer und deutscher Sprache, Gebeten zu Beginn der Predigt, Ermahnungen, Abkündigungen, Schlussgebeten, Kanzelsegen. Daraus entwickelten sich reine Predigtgottesdienste ohne Eucharistie (als Nebengottesdienste).
Von dieser Kanzelliturgie sind noch der Kanzelgruß, die Textverlesung mit Gebet, das Kanzelgebet und der Kanzelsegen geblieben.
Die Predigt ist zwar von der Länge der herausragende Punkt im Gottesdienst (fünfzehn bis zwanzig Minuten sind wir gewohnt); sie ist aber in der Regel nicht der Mittelpunkt oder Höhepunkt, um den sich die Liturgie nur lagert. Sie ist selbst Teil der Liturgie. Damit die Predigt nicht übermäßig hervorgehoben wird und der gesamte Gottesdienst nicht zu viele Doppelungen enthält, sollte die Kanzelliturgie so sparsam wie möglich ausfallen. Gruß, Gebet, Segen sollten hier in der Regel weggelassen werden, denn sie sind üblicherweise an anderen Stellen des Gottesdienstes enthalten.
↓ Weiter: Der Kanzelgruß
Mit einem Bibelspruch grüßt Prediger / Predigerin die Gemeinde von der Kanzel. Das kann einer der folgenden Bibelsprüche oder ein anderer sein:
"Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (1.Kor.1,3)
oder
"Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!" (2.Kor. 13,13)
oder
"Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt." (Offenbarung 1,4)
Vielerorts ist es noch üblich, dass dann ein stilles Gebet folgt. Früher knieten Gemeinde und Prediger zu diesem Kanzelgebet nieder; daher finden wir auf älteren Kanzeln Kniebänke.
Hat Prediger / Predigerin die Gemeinde schon vorher begrüßt, erübrigt sich der Kanzelgruß. Er ist sinnvoll, wenn die vorherigen Stücke von anderen Personen geleitet wurden und Prediger / Predigerin erst jetzt vor die Gemeinde tritt.
Der Kanzelgruß ist ein Gruß, kein Lesetext - also werden die Zuhörer / Zuhörerinnen dabei angesehen. / Man sollte spüren, dass es sich nicht um eine leere Formel handelt. Anstelle des Kanzelgrußes (oder danach) kann eine kurze Stille oder ein Gebet stehen. / Die Gemeinde kann daran gewöhnt werden, den Gruß mit Amen aufzunehmen.
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Bedeutung des Gebetes nach der Predigt
Das Predigtschlussgebet schließt unmittelbar an die Predigt an oder folgt dem Kanzelsegen. / Dieses Gebet spricht in der Regel den Lob und Dank für die gehörte frohe Botschaft aus. Zudem ist es die Bitte um Kraft, die Botschaft recht zu verstehen und in den Alltag umzusetzen. Der Prediger / die Predigerin formuliert es. Es ist kurz, einfach aufgebaut und bezieht sich direkt auf die Predigt und den zugrundeliegenden Text.
Anregungen zum Predigtschlussgebet
• Wir weisen noch einmal darauf hin, die Kanzelliturgie so kurz wie möglich zu halten. Man muss fragen, ob denn die Predigt noch ein Schlussgebet nötig hat. Andererseits entlastet es das später folgende Fürbittengebet von den auf die Predigt bezogenen Gebetsanliegen.
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Liturgiegeschichte des Segens von der Kanzel
Kanzeln, wie wir sie kennen, gibt es erst seit dem 13. Jahrhundert. Das Segensvotum am Schluss der Predigt - mittlerweile Kanzelsegen genannt - begegnet uns aber schon im 4. Jahrhundert. Zumeist wurde und wird noch Philipper 4,7 zugesprochen: "Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus." Die Gemeinde antwortet: Amen.
Bedeutung des Kanzelsegens
Die vorausgegangene Predigt macht deutlich, dass nicht unsere menschliche Vernunft, sondern Gottes Friede Heil bewirkt. Christus stellt unsere Vernunft durchaus auf den Kopf. Diese Erkenntnis ist oft schwerwiegend für uns und erschüttert unser Selbstverständnis. Wir brauchen Mut und Kraft, danach zu leben. Philipper 4,7 oder ein anderer Friedensgruß spricht Gottes Segen dazu aus. / Der Prediger / die Predigerin entlastet sich mit dem Kanzelsegen und drückt damit aus: "Meine Worte sind unzulänglich und Stückwerk. Gottes Friede ist größer, als ich ihn auszudrücken vermag."
Der Kanzelsegen ist das letzte auf der Kanzel gesprochene Votum an die Gemeinde. Werden von der Kanzel Abkündigungen verlesen, so geschieht dies davor. Er kann unseres Erachtens - wie auch andere Teile, mit denen die Predigt auf der Kanzel umrahmt wird - in der Regel entfallen. Die Erneuerte Agende sieht ihn grundsätzlich vor.
Verlassen bestimmte Gruppen (z. B. Kinder und Jugendliche, die den Predigtteil mitgestalteten) nun den Gottesdienst, so sollte deutlich werden, dass der Kanzelsegen für sie der Entlasssegen ist: Sie werden direkt angesprochen; ggf. stehen sie dazu auf. Der Aaronitische Segen (4. Mose 6,24-26) oder ein anderer Schlusssegen ist in diesem Falle schon hier angebracht; siehe dazu das Kapitel Schlusssegen.
Wird Prediger / Predigerin oder eine mitgestaltende Gruppe im weiteren Verlauf des Gottesdienstes nicht mehr in Aktion treten, so können sie sich mit Philipper 4,7 oder einem anderen Friedensgruß verabschieden.
Es widerspricht evangelischem Amtsverständnis, zu meinen, das Segnen sei nur Theologen / Theologinnen vorbehalten. Auch Gemeindeglieder (Laien) sollten den Segen sprechen.
Auch der Kanzelsegen ist (wie der Gruß und der Schlusssegen) kein Gebet und keine Formel, sondern ein bewusster Zuspruch. Der Blickkontakt zu den Menschen, die ihn empfangen, die Betonung und die Gebärden sind wichtig. Die Hände werden zwar nicht segnend auf die Gemeinde gelegt; wenn man sie jedoch gebend zur Gemeinde reicht, unterstützt dies das Verständnis dieses Aktes.
Die Worte dieses Segens werden leichter als Zuspruch wahrgenommen, wenn man nicht immer dieselbe Segensformel benutzt, sondern sie variiert - entsprechend des Inhaltes der Predigt. Biblische Verse sind hilfreich, man kann sie anpassen, miteinander vermischen oder eigene Worte finden; hier einige Beispiele:
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