Der Gottesdienst
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↓ Liturgiegeschichte der Predigt
Wir kennen aus dem Alten Testament besonders die Predigten der Propheten oder die Gerichtspredigt Jonas. Im Neuen Testament sind die Bußpredigt Johannes des Täufers, die Bergpredigt Jesu oder die Predigt des Petrus (Apostelgeschichte 3) herausragende Beispiele. Jesus beauftragte seine Jünger zu predigen (Matthäus 10,7 / Markus 16,15). Paulus versteht sich berufen zum Prediger („Herold des Evangeliums“; vgl. 2. Timotheus 4,17).
Predigten sind von Beginn an Bestandteil der christlichen Gottesdienste.
Die der Predigt zugemessene Bedeutung unterliegt allerdings einem beträchtlichem Wandel. Justin (um das Jahr 150) berichtet aus den Gottesdiensten der Urchristenheit, dass der „Vorsteher“ das Wort auslegte. Schon bald war dieses Amt den Priestern und Bischöfen vorbehalten. Im frühen Mittelalter wurde die Predigt durch die Eucharistie weitgehend verdrängt und gelangte im späten Mittelalter in einer eigenen Gottesdienstform (Predigtgottesdienst) zu neuer Blüte, was mancherorts zur Einrichtung spezieller Predigerstellen führte.
Predigt bei Luther
Für Luther war die Predigt im Messgottesdienst unverzichtbar. Zwingli machte die Sonderform „Predigtgottesdienst“ zur Regelform und bewirkte damit, dass in der reformierten Kirche die Predigt zum „eigentlichen Geschehen“ des Gottesdienstes wurde.
Die ersten Predigten nach Jesu Tod wurden von den Aposteln gehalten (oder aufgeschrieben). Daraus entstand das Neue Testament. Die Schriften müssen natürlich immer wieder neu in die jeweilige Zeit und Situation übertragen werden. Diese übertragungen nimmt jeder Bibelleser / jede Leserin für sich vor; auch der Hörer / die Hörerin der Lesungen im Gottesdienst wird dies tun. Dazu Anstöße und Anleitungen zu geben, ist Aufgabe der Predigt; sie verkündigt den Alten und Neuen Bund Gottes mit den Menschen im Hier und Jetzt.
Predigttypen
Die Grundtypen der Predigt erkennen wir schon im Alten und Neuen Testament. „Gott wirkt in dieser Welt“ (heilsgeschichtlicher Typ); „er hilft, die lebenspraktischen Erfahrungen, wie Liebe, Freude, Angst, Hass, Trauer, Tod zu bewältigen“ (seelsorglicher Typ); „er prangert Ungerechtigkeit an und ruft zur Umkehr“ (prophetischer Typ). Dies sind mögliche Akzentsetzungen.
War es zunächst nur üblich, Texte Stück für Stück auszulegen (Homilie), entwickelte sich schon im Mittelalter die Praxis der themen- und stichwortzentrierten Rede.
Weiter: Die Predigt im Ablauf des Gottesdienstes
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Die Abläufe unserer Gottesdienste entsprechen in gewisser Weise dem natürlichen Ablauf menschlicher Begegnung:
Man begrüßt sich, macht sich bekannt, bedankt sich (Eröffnung und Anrufung); entschuldigt sich für Vorfälle, die die Begegnung stören könnten (Rüstgebet); man greift im Gespräch auf gemeinsame Grundlagen zurück (Lesungstexte), bevor man Stellung nimmt (Bekenntnis), das „Hier und Jetzt“ problematisiert (Predigt) und schließlich - nachdem man ein Stück des Weges gegangen ist und sich ggf. beim gemeinsamen Mahl gestärkt hat - einen Abschluss findet und sich mit guten Wünschen verabschiedet (Sendung und Segen).
Der natürliche Ort für die Predigt
Aufgrund dieser natürlichen Dynamik scheitern in der Regel Versuche, Gottesdienste völlig anders zu strukturieren. Will man die Predigt z.B. mal ganz an den Anfang stellen (was Luther zeitweise als Regelfall für sinnvoll ansah), kann das nur ein begründeter Einzelfall sein. In Sondergottesdiensten und bei speziellen Gottesdienstentfaltungen ist die Predigt auch an anderen Stellen möglich.
Predigt aufteilen
Es ist ein guter Vorschlag des Evangelischen Gottesdienstbuches, Teile der Predigt auszugliedern und den Lesungen direkt zuzuordnen bzw. die Predigt derart aufzuteilen, dass den Lesungen jeweils eine Kurzpredigt folgt. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, dass sich mehrere Prediger / Predigerinnen beteiligen.
Weiter: Vielfältige Predigtgestaltung
Thematische Predigten
Predigten zu liturgischen Elementen (wie Kyrie, Gloria), zum Vaterunser, Glaubensbekenntnis, zu den zehn Geboten und Sakramenten (Taufe, Abendmahl) sind in gewissen Abständen immer wieder sinnvoll.
Es bietet sich an, dazu Predigtreihen zu entwerfen, zu denen besonders eingeladen wird.
Liedpredigten
Ansprechend sind „Liedpredigten“. In unterschiedlicher Weise (über Inhalt, Aufbau, Melodie, Geschichte des Liedes oder über die Biographie des Autors) kann dabei die „frohe Botschaft“, die in einem Lied steckt, entfaltet werden. Der sonst übliche „Kanzelmonolog“ wird dabei durch die Beteiligung der Gemeindeglieder aufgelockert. Sie erschließen das Lied singend, sprechend, summend oder durch Bewegung. Die Möglichkeiten der Liedeinführung sind vielfältig; hier ist es unerlässlich, dass Prediger / Predigerin oder der Vorbereitungskreis eng mit dem Kirchenmusiker / der Kirchenmusikerin zusammenarbeiten.
In verschiedenen Predigtbänden finden wir Beispiele für den Umgang mit Liedern. Unverzichtbar scheint uns das im Auftrag der EKD herausgegebene „Werkbuch zum Evangelischen Gesangbuch“ (erschienen bei Vandenhoeck & Ruprecht).
Predigt ersetzen
Ein Gottesdienst muss nicht immer eine Predigt haben. So wie andere Teile weggelassen werden können, kann man auch auf die Predigt ggf. verzichten. Man steht dann allerdings vor der Aufgabe, durch musikalische, spielerische, meditative Momente, für eine „Begegnung mit der Bibel“ zu sorgen.
Es gibt Möglichkeiten die Gottesdienstgemeinde spontan einzubeziehen:
Man teilt in kleine Gesprächsgruppen auf, sammelt Aussagen zu einem vorher gestellten Thema und berichtet danach im Plenum
Kurze, übersichtliche Fragebögen (nur wenige Fragen) werden direkt verteilt, ausgefüllt und (z.B. während eines Liedes) ausgewertet. Das Ergebnis wird noch im Gottesdienst bekannt gegeben
Fragen des Predigers / der Predigerin bleiben nicht nur rhetorisch, sondern werden mit der Bitte um direkte Antwort an die versammelte Gemeinde gerichtet
Zu direkten Fragen aus der Gemeinde wird ermutigt.
Die Beteiligung der Gottesdienstbesucher am Predigtgeschehen kann vorbereitet sein:
Gemeindegruppen erarbeiten Aussagen, Appelle, Aufrufe, Berichte über Glaubenserfahrungen (z.B. zu einzelnen Geboten oder Artikeln des Glaubensbekenntnisses), die in die Predigt „eingebaut“ und ggf. von den Verfassern / Verfasserinnen gelesen werden. Unterschiedliche Ergebnisse (auch Fotos, Collagen, Interviews) von Gruppenarbeit werden gegenübergestellt.
Sprechmotetten, Spielszenen, pantomimische Darbietungen, Tänze werden eingebracht.
Außer dass Gruppen den Predigtteil gestalten, sollten einzelne Gemeindeglieder motiviert werden, in gewissen Abständen zu predigen. Werden sie angeleitet und begleitet, und gibt es die Möglichkeit zu Rückmeldungen im direkten Nachgespräch, so ist dies unbedingt ein Gewinn. In vielen Kirchenkreisen gibt es Kurse und regelmäßige Treffen für Laienprediger.
Unabhängig davon hat es sich vielerorts bewährt, dass Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Funktionsträger des Gemeinwesens (zu besonderen Gottesdiensten) die Predigt halten. Wir denken dabei an Vertreterinnen von Vereinen, Selbsthilfegruppen, Bürgerinitiativen, Verbänden, Gewerkschaften sowie an Künstler, Politiker / Politikerinnen, Arbeitgeber.
Predigthörer werden natürlich geduzt!
Das „Paulinische Du“ - also die zweite Person - ist die angemessene Form, die Gemeinde in der Predigt anzusprechen; denn hier treten wir aus dem Alltagsgeschehen, wo wir viele der Zuhörenden zu Recht mit „Sie“ ansprechen, heraus. Wir nehmen hier die „ideale Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern“ vorweg. Dabei wird man zumeist den Plural „Ihr“ und „Euch“ benutzen; aber auch das „Du“ ist möglich - in der Bedeutung „du, Gemeinde“ und „du, Bruder und Schwester“.
Inklusive Sprache - Unterschiedlich Zuhörergruppen ansprechen
Die Worte der Predigt müssen fundiert und gut verständlich sein, um nicht nur für einen kleinen Teil der Zuhörer zu gelten. Oft stecken mehrere Stunden des Recherchierens und Formulierens hinter der Predigt, denn die unterschiedlichsten Menschen unserer Volkskirche wollen angesprochen sein. Im Idealfall stellt man sich bei der Abfassung auf die Teilnehmenden ein, die erfahrungsgemäß erwartet werden. Leider zeigt die Praxis, dass Kinder und Konfirmanden / Konfirmandinnen, die doch häufig in den Gottesdiensten sind, dabei zumeist unberücksichtigt bleiben.
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Wer spricht das "Amen" am Schluss der Predigt
Spricht die Gemeinde das abschließende „Amen“, so benötigt sie ein Stichwort. Dies lässt sich schaffen, indem Prediger / Predigerin mit Worten endet, die das Amen der Gemeinde „provozieren“. „Ewigkeit“ ist ein solches Wort. So kann am Schluss z.B. stehen: „Gott der Herr bewege unsere Herzen von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Auch der ausführliche Hinweis auf den dreieinigen Gott, wie „Dazu helfe uns Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist“, erleichtert der Gemeinde das gemeinsame „Amen“.
Wir haben weiter oben erklärt, warum grundsätzlich nicht die Amtspersonen und Vorbeter / Vorbeterinnen selbst, sondern die versammelte Gemeinde das „Amen“ sprechen sollte. Dennoch möchten wir für die Stelle unmittelbar nach der Predigt eine Ausnahme von dieser Regel zulassen; denn die Predigt ist ein derart langer Abschnitt, und die Aussagen sind so vielfältig, so dass ein Amen der Gemeinde, im Sinne von „so soll es sein“, schnell zur Floskel wird. Die Zuhörer / Zuhörerinnen möchten doch oft eher nachfragen, ergänzen oder widersprechen. Das ist bei dem Amen nach einem Gebet oder dem kurzen Lobpreis anders; denn da überschaut man, was man mit dem Amen bekräftigt. Entweder wir lassen hier doch den Prediger / die Predigerin das Amen sprechen, im Sinne von „das ist mir wichtig; ich habe in bestem Wissen und Gewissen gesprochen; ich stehe zu meinen Worten; so soll es sein“ oder wir verzichten direkt nach der Predigt auf das Amen und lassen es erst nach dem Kanzelgebet oder Kanzelsegen die Gemeinde sprechen.